10.09.2021

Das Leben nach der Karriere

Vor fünf Jahren beendete Hammerwerferin Betty Heidler ihre erfolgreiche sportliche Karriere. In ihrem neuen Leben fühlt sich die ehemalige Weltmeisterin mehr als wohl – und der Eintracht immer noch verbunden.

Es ist der 10. September 2016. Auf der Insel Borkum steht Betty Heidler am Strand. Ein ganz besonderer Wettkampf für die damals 32-Jährige. Nicht nur wegen der Atmosphäre und Location, sondern vor allem, weil es der letzte Wettbewerb ihrer Karriere ist. Nach über 15 Jahren Leistungssport ein letztes Mal sechs Versuche, ein allerletztes Mal in den Ring. An diesen Wettkampf erinnert sich die Berlinerin auch heute noch gerne zurück, genauso wie an die unzähligen anderen Stationen ihrer Karriere.

Fünf Jahre, die sich anfühlen, als sei es gestern gewesen, wie Heidler beschreibt: „Wenn ich nur die Jahreszahlen sehe, dann fühlt es sich lange an, weil seitdem sehr viel passiert ist. Wenn ich aber an den Wettkampf denke, dann könnte es auch vor einem oder zwei Jahren gewesen sein.“ Mit glatten 74 Metern gewann sie souverän den Wettkampf beim TuS Borkum am ostfriesischen Strand. „Ich konnte mir im Vorhinein gar nicht vorstellen, wie es bei einem Wettkampf am Strand werden würde. Ich war überrascht vom Ambiente und es war viel schöner, als ich es je gedacht hätte“, erzählt die heute 37-Jährige.

Medaillen bei WM, EM und Olympia

Ein schöner und vor allem würdiger Abschluss für eine bewegende und mehr als erfolgreiche Karriere, in der die von Michael Deyhle trainierte Athletin viele internationale Medaillen gewinnen konnte. Weltmeisterin 2007 in Osaka, Europameisterin 2010 in Barcelona, zwei WM-Silbermedaillen (2009 in Berlin und 2011 in Daegu), EM-Silber (2016 in Amsterdam) und der Titelgewinn bei der Universiade in Belgrad. In London wurde sie Olympia-Zweite, 2004 in Athen und 2016 in Rio wurde sie Vierte. Zudem warf sie mit ihrer persönlichen Bestmarke von 79,42 Metern deutschen Rekord, der dreieinhalb Jahre außerdem Weltrekord bedeutete.

Der Sport war Teil meines Lebens, den ich gerne gemacht, aber abgeschlossen habe.

Betty Heidler

Seitdem ist viel passiert. Den Schritt in die sportliche Rente bereut Betty bis heute nicht – im Gegenteil. Sie genießt das neue Leben in vollen Zügen. „Ich vermisse den Leistungssport überhaupt nicht. Das ist aber gar nicht böse gemeint. Der Sport war Teil meines Lebens, den ich gerne gemacht, aber abgeschlossen habe. Ich weine ihm nicht hinterher, bin aber stolz und es war schön – gar keine Frage.“ Doch die 15 Jahre Leistungssport hatten nicht nur positive Seiten, sondern bedeuteten auch viele Entbehrungen. Feiern fanden meist ohne sie statt, Zeit für Freunde und Familie war rar. Umso mehr genießt sie nun dabei zu sein, wenn es etwas zu feiern gibt oder einfach da sein zu können, wenn Familie oder Freunde sie brauchen. „Vieles, was ich verpasst habe, kann man leider nicht nachholen. Ich war zwar immer erreichbar, aber nicht greifbar. Das ist ein großer Unterschied. Ich kann jetzt helfen, wenn ich gebraucht werde oder ein offenes Ohr haben. Es ist jetzt einfach etwas ganz Anderes. Ein schönes Leben mit anderen, neuen Herausforderungen.“

Nächster Schritt

Vor allem beruflich hat sie sich weiterentwickelt und den Weg, den sie gleich nach dem letzten Wettkampf eingeschlagen hat, kontinuierlich verfolgt. Ihr Jurastudium und die Hälfte des Masterstudiums für den höheren Dienst hat sie bereits abgeschlossen. „Das war mein großes Ziel und eine Aufgabe, die ich mir gesetzt habe. Jetzt bin ich genau an dem Punkt, auf den ich hingearbeitet habe.“ Auch wenn der sportliche Wettbewerb mit der Konkurrenz nicht mehr da ist, ihr Ehrgeiz ist geblieben. Genauso wie ihr Lieblingshammer, den sie von den Europameisterschaften in Zürich behalten durfte. Der wird aber nur noch rausgeholt, wenn sie ihn Freunden oder Bekannten zeigen möchte. „Es ist eines meiner wichtigsten Erinnerungsstücke. Ich halte ihn ab und an in der Hand, aber ihn zu werfen juckt mich überhaupt nicht.“ Viel lieber verbringt sie die Zeit mit ihren Hunden, ihrem Mann und der Familie. Auch Leichtathletik-Wettkämpfe, insbesondere natürlich den Hammerwurf, verfolgt Betty regelmäßig und freut sich schon auf den nächsten Besuch in einem Leichtathletik-Stadion. Als Zuschauerin auf der Tribüne oder auch gerne als Unterstützerin, wenn es darum geht, den Nachwuchs zu motivieren. „Da hängt mein Herz schon dran“, gibt sie gerne zu.

Auch wenn ihr letzter Wettkampf nun schon fünf Jahre her ist, der Kontakt zur Eintracht und ihren Wegbegleitern ist nie abgebrochen. Unregelmäßig ist sie in Frankfurt, auch auf Wettkämpfen kreuzen sich die Wege immer wieder. Unabhängig davon, wie viel Zeit seit dem letzten Wettkampf noch vergeht – die Ehrenmitgliedschaft, die Betty im Rahmen der Mitgliederversammlung 2017 erhalten, und die sportlichen Erfolge, die sie mit dem Adler auf der Brust errungen hat, bleiben Vereinsgeschichte und ein stetiges Band der Verbundenheit, das sicherlich nie reißen wird. Wie sagt man so schön: Einmal Adler, immer Adler. Das gilt auch für Betty Heidler.