26.05.2021

„Ich habe jetzt ein sehr gutes Gefühl“

800-Meter-Spezialist Marc Reuther startet am kommenden Wochenende in die Olympia-Saison und vertritt das Nationalteam bei der Team-EM über seine Paradestrecke. Wir haben mit dem 24-Jährigen gesprochen.

Marc, du startest im polnischen Chorzów erstmalig in dieser Saison. Wieso habt ihr euch dazu entschlossen, diesen recht späten Zeitpunkt zu wählen?
Für uns war das eigentlich recht schnell klar. Wir hatten eine lange Hallensaison, haben dann zeitig noch ein Höhentrainingslager gemacht. Man muss immer schauen, wie die Dinge wirken und muss auch dem Körper genügend Zeit geben, zu regenerieren. Wir wollten damit auch sicher gehen, dass ich, wenn ich an den Start gehe, auch zu 100 Prozent fit bin. Die Saison ist außerdem sehr lang und ich hatte auch keinen riesigen Druck, früh ins Wettkampfgeschehen einzusteigen, um Normen hinterherzurennen. Wir haben daher für uns so geplant, nach den Deutschen Meisterschaften einen Wettkampfblock einzubauen.

Diese Rennen sind immer sehr besonders. Sie ermöglichen es, sich in einem Weltklasse-Feld zu behaupten und man weiß im Vorfeld nie, wie sie verlaufen werden.

Marc Reuther

Du wurdest zum Saisoneinstieg für das Nationalteam bei den Team-Europameisterschaften nominiert. Wie sehr kribbelt es, im Nationaltrikot die Saison zu eröffnen?
Ich freue mich schon sehr darauf. Ich bin natürlich nicht mehr ganz so aufgeregt wie früher, aber freue mich nach wie vor auf die starke Konkurrenz und ein taktisches Rennen, was auch im Hinblick auf Olympia wichtig sein wird. Diese Rennen sind immer sehr besonders.  Sie ermöglichen es, sich in einem Weltklasse Feld zu behaupten und man weiß im Vorfeld nie, wie sie verlaufen werden. Deswegen ist die Vorfreude besonders groß. Es bietet die Möglichkeit, nochmal gute taktische Erfahrungen zu sammeln und im Deutschlandtrikot zu laufen ist auch immer etwas Besonderes. Es kribbelt daher schon sehr in den Fingern, endlich loslegen zu können und ich freue mich, dass sich diese Möglichkeit ergeben hat.

Dein letztes Rennen hast du ebenfalls im Nationaltrikot gemacht. Bei den Hallen-Europameisterschaften ging es allerdings nicht über den Vorlauf hinaus. Wie bist du damit umgegangen?
Die Hallensaison war für uns so geplant, dass wir dort etwas versuchen und trainingstechnisch riskieren. Riskieren bedeutet in dem Zusammenhang, dass wir extrem hohe Intensitäten trainiert haben. Letztendlich haben wir aber die Erfahrung gesammelt, dass es zu viel war. Die Hallensaison war daher definitiv nicht zufriedenstellend und auch nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Wir haben danach viel zusammengesessen und unsere Schlüsse daraus gezogen. Es ist aber auch nicht superschlimm, da die Wettkämpfe der Hallensaison nicht die Wertigkeit der anstehenden gehabt haben.

Im Leistungssport ist es nun mal so, dass man viel experimentieren muss, bis man für sich die richtige Mischung findet.

Marc Reuther

Wie seid ihr mit den Erfahrungen des Winters umgegangen?
Wir haben jetzt noch einmal trainingstechnisch viel geändert. Anpassungen haben wir besonders dahingehend vorgenommen, dass ich jetzt erholter bin und nun die Spritzigkeit und die Form habe, die wir uns vorstellen. Im Leistungssport ist es nun mal so, dass man viel experimentieren muss, bis man für sich die richtige Mischung findet. Durch die Erfahrungen, die wir im Winter gesammelt haben, sind wir dieser perfekten Mischung ein großes Stück nähergekommen, auch wenn es keine gute Hallensaison war.

Haben sich die Anpassungen im Training ausgewirkt?
Ich habe jetzt ein sehr gutes Gefühl, was die Sommersaison angeht. Wir haben nochmal gut umgestellt. Das Training schlägt gut an und jetzt gilt es, zu schauen, was dann in einem Rennen möglich ist. Die Einheiten waren sehr vielversprechend, aber jetzt gilt es einfach zu laufen und dann zu schauen, was wirklich der Status quo ist.

Das Ziel in dieser Saison dürfte klar sein. Wie sehr fieberst du darauf hin, das erste Mal bei Olympia dabei sein zu können?
Natürlich sehr. Darauf wirklich freuen kann ich mich natürlich erst dann, wenn es sicher ist, dass ich dabei sein werde. Wenn dann die Einladung verschickt ist und der ganze Kram organisiert, dann kann ich mich auch freuen. Bevor das allerdings nicht gegeben ist, will ich mich auch nicht zu sehr darauf einschießen. Natürlich ist es aber das ganz große Ziel in diesem Jahr und natürlich herrscht dabei auch ein wenig Aufregung. Es begleitet einen schon durch das ganze Jahr nochmal eine andere Form der Anspannung, aber momentan konzentriere ich mich erst einmal auf die Aufgabe, die jetzt zu erledigen ist, statt sich jetzt mit den Olympischen Spielen auseinanderzusetzen.

Du hast vor fünf Jahren die Olympia-Qualifikation denkbar knapp verpasst. Denkst du in diesen Tagen noch häufig an die Zeit zurück?
Es geht. Eigentlich gar nicht so oft. Ich sehe die knapp verpasste Qualifikation mittlerweile als eine „Jetzt erst recht“-Motivation. Damals war Olympia nicht geplant und ich habe nicht damit gerechnet, von daher war es rückblickend betrachtet auch nicht so schlimm. Natürlich wäre ich damals gerne dabei gewesen, aber ich weiß auch, dass ich die vergangenen fünf Jahre hart dafür gearbeitet habe und viel investiert habe, sodass ich jetzt in einer guten Ausgangslage für die Qualifikation bin. Jetzt gilt es vielmehr nach vorne zu schauen und für die letzten Prozentpunkte, die zur Qualifikation fehlen, Vollgas zu geben, um dann auch dabei sein zu können.