19.05.2021

„Mich freut es natürlich“

Georg Fleischhauer zeigte einen starken Saisoneinstieg mit vier Bestleistungen über 110 Meter Hürden, 200 Meter, im Weitsprung und Diskus. Wir haben ihn zu seiner hervorragenden Form und seinen Zielen befragt.

Dank eines starken Saisonstarts hat Georg Fleischhauer derzeit allen Grund zum Strahlen.

Georg, 13,79 Sekunden über die 110 Meter Hürden, 21,12 Sekunden über die 200 Meter, dazu die Bestleistungen im Weitsprung und Diskus im Vorbeigehen. Ist das ein Auftakt nach Maß?
An sich bin ich zufrieden mit dem Saisoneinstieg, Bestleistungen sind natürlich immer gut. Mit dem Vierkampf in Frankfurt kam außerdem eine nette Ablenkung dazu, die eventuell auch nochmal andere Möglichkeiten aufzeigte, was man so machen könnte. Besonders freue ich mich aber über die 200-Meter-Zeit. Diese zeigt eine gute Schnelligkeit, die auch noch verbessert werden kann. Bei der Hürde lief es technisch noch nicht so optimal, da bekomme ich den Transfer aus dem Training noch nicht ganz so hin, wie ich mir das vorstelle. Daran gilt es bis zur Deutschen Meisterschaft noch zu arbeiten.

Beim Vierkampf in Frankfurt hast du in einem starken Mehrkämpferfeld sehr gut mitgehalten. Woran denkst du, wenn du von anderen Möglichkeiten sprichst?
Naja, zum Beispiel eben Mehrkampf. Das könnte man eventuell auch nochmal machen. Das einzig Schwierige wäre wohl, im Stabhochsprung etwas hinzukriegen. Aber die meisten anderen Disziplinen, denke ich, könnte ich recht schnell auf ein gutes Niveau bringen. Mehrkampf braucht aber vor allem auch viel Zeit, die ich auch durch das Bobfahren nicht unbedingt aufbringen kann, sodass ich mich weiterhin zunächst mal auf Hürden und 200 Meter konzentriere – auch im Hinblick auf die Leichtathletik-Europameisterschaften in München 2022.

Mich freut es natürlich, dass es jetzt nochmal so gut läuft und ich mich zurückgemeldet habe.

Georg Fleischhauer

Im Alter von 32 Jahren haben viele Leichtathleten auch schon ihre Karriere beendet. Bei dir bekommt man das Gefühl, du fängst gerade erst nochmal richtig an. Wie wichtig ist es dir auch zu zeigen, dass man mit 32 Jahren noch sehr weit weg vom Karriereende ist?
Ich würde sagen, mich hatten auch schon einige abgeschrieben, nach jetzt mehreren Jahren ohne großartige Leistung. Das es jetzt nochmal so vorangeht, zeigt eben, dass der weit verbreitete Glaube, im Alter keine Schnelligkeit mehr bringen zu können, eben nicht stimmt. Man muss nur das Training so anpassen, dass es auf den Typ zugeschnitten ist, dass gewisse Dinge einen neuen und anderen Fokus bekommen. Das man mit 32 noch weit weg von dem Karriereende sein kann, haben auch schon andere gezeigt, beispielsweise Kim Collins. Mich freut es natürlich, dass es jetzt nochmal so gut läuft und ich mich zurückgemeldet habe.

Training ist ein gutes Stichwort. Angepasst und typgerecht muss es deiner Meinung nach sein. Was für Anpassungen habt ihr vorgenommen und welche sind die Hauptfaktoren, die dazu beigetragen haben, dass es für dich aktuell rund läuft?
In allererster Linie geht es um den Trainingsumfang. Ich denke, ich habe mich über eine lange Zeit häufig müde trainiert. Wenn ich jetzt zurückblicke, würde ich das auch als zentrales Problem benennen. Oft war es so, dass ich im März noch gute Werte hatte und richtig gut drauf war und dann pünktlich zu Saisonstart im April oder Mai irgendwie platt war. Da dachte ich häufiger mal, ich fühle mich noch gar nicht bereit, ich bin müde und das zeigt mir im Nachhinein, dass ich eigentlich die ganze Zeit im Übertraining war. Nachdem das relativ schnell durch meinen Trainer Falk Balzer erkannt wurde, haben wir auch technisch nochmal deutlich mehr an meinem Laufstil gearbeitet als die Jahre zuvor. Es wurde viel genauer auf gewisse Sachen geachtet, die sich über die Jahre eingeschlichen haben, aber nie thematisiert wurden. Dadurch konnte ich mich auch wieder schneller bewegen und meine Muskulatur in Richtung Schnelligkeit umstrukturieren. Das sind für mich die zwei Hauptfaktoren.

Rückblickend würde ich sagen, dass ich wohl nie so richtig geeignet dafür war.

Georg Fleischhauer

Hohe Umfänge sind gerade im 400-Meter-Training weit verbreitet. Würdest du im Hinblick auf die 400 Meter Hürden auch etwas ändern?
Hohe Trainingsumfänge werden zwar schon benötigt, aber eine hohe Schnelligkeit ist nun mal von grundlegender Bedeutung und deshalb wohl die wichtigere Komponente – es heißt ja immer noch Lang-„Sprint“. Diese Schnelligkeit war mir im Laufe der Jahre leider verloren gegangen. Rückblickend würde ich wohl sagen, dass ich nie so richtig dafür geeignet war. Das hat mir mein Trainer Falk Balzer auch relativ früh gesagt und nach einer Saison haben wir entschieden, lieber nochmal andere Schwerpunkte zu setzen, als mit knapp 100 Kilo alten Zeiten im Langsprint hinterherzujagen. Klar hat es damals auch funktioniert, aber irgendwie kommt man dann doch an sein persönliches Limit. Entgegen kam mir dabei außerdem, dass ich so meine alte und eigentliche Leidenschaft – die Kurzhürde – mit dem Spezialisten überhaupt in Deutschland (u.a. Deutscher Hallenrekordhalter) nochmal aufleben lassen konnte.

Einmal wieder über 400 Meter Hürden. Wäre das eine Option?
Puh. Ja vielleicht schon, aber die Zeit dafür ist auch nicht so da. Ich habe ja meine Ziele im Bob und will auch in der Leichtathletik im Kurzsprint zeigen, dass wieder mit mir zu rechnen ist. Dann mit einer 400 Meter Hürde ein Wochenende zu vergeben und eventuell auch eine ganze Trainingswoche, da ich natürlich Zeit brauche, davon zu regenerieren, wäre mir aktuell etwas zu schade. Ich denke aber, dass ich zumindest bis 300 Meter ganz gut kommen würde (lacht). Das bleibt aber wohl erstmal Spekulation.

Zurück zur Realität. Du bist seit einiger Zeit auch Teil der Bobwelt. Wie lässt sich das Training jetzt im Sommer zwischen Leichtathletik- und Eisbahn verbinden?
Im Sommer ist das Bobtraining nicht besonders spezifisch. Das Ziel ist, meine Schnelligkeit im Vergleich zum letzten Jahr noch weiter zu verbessern, was ja ganz gut klappt, wie man aktuell sieht. Außerdem sollte ich nicht gerade zehn Kilo an Gewicht verlieren, was jedoch auch gut funktioniert, aktuell mache ich das alles bei ca. 98 Kilogramm. Die Grundvoraussetzungen für schnelles Schieben, Schnelligkeit und Masse sind also auch im Sommer gegeben. Wenn die Leichtathletiksaison dann abgeschlossen ist, werde ich nach einer kurzen Ruhephase auch nochmal spezifischer im Hinblick auf die Bobwettkämpfe trainieren. Dazu gehört dann eine Steigerung des Krafttrainings und Techniktraining mit dem Team.

Es wäre natürlich auch etwas Besonderes, innerhalb von sieben Monaten an zwei Spielen teilzunehmen.

Georg Fleischhauer

In beiden Sportarten zählst du zur Deutschen Spitze. Der asiatische Raum bietet für Spitzenathleten innerhalb kürzester Zeit, zwei interessante Reisziele. Sind die Olympischen Winter- (Peking) und Sommerspiele (Tokio) Ziele, die du für dich auch formulierst?
Ja unbedingt! Peking sowieso, das war von Anfang an das Ziel und der Grund, das Bobfahren mal auszuprobieren. Als im Herbst 2019 die Überlegung reifte damit anzufangen, hatte das schon den Hintergrund, dass Peking 2022 eventuell ein realistischeres Ziel darstellt als Tokio 2020. Was „Tokio 2021“ angeht: Klar wäre auch das ein Wunsch, aber natürlich ist das auch schwer zu erreichen. Dafür muss wirklich alles perfekt laufen. Egal ob jetzt über die 110 Meter Hürden oder die 200 Meter, aber man soll ja nie „nie“ sagen. (lacht) Es wäre natürlich auch was Besonderes, innerhalb von sieben Monaten an zwei Spielen teilzunehmen.