27.08.2021

Weitermachen und Stärke zeigen

Jannis Wolff lag bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften in Führung, ehe er durch kleinere Fehler und Verletzungspech zurückgeworfen wurde. Im Interview lässt er den Mehrkampf noch einmal Revue passieren.

Nach dem ersten Tag des Wettkampfwochenendes schien für Wolff alles auf den perfekten Zehnkampf hinauszulaufen. Der Frankfurter konnte in den ersten fünf Disziplinen gleich vier neue Bestleistungen aufstellen und befand sich deutlich auf 8000-Punkte- und Titel-Kurs. Am zweiten Tag folgte dann aber ein Drama: Durch Patzer in den Anfangsdisziplinen Hürdenlauf und Diskuswerfen verletzte sich der Eintrachtler und musste seine Titelambitionen begraben. In einem aufopferungsvollen zweiten Wettkampf-Tag kämpfte sich Wolff Stück für Stück zurück und konnte sich trotz der Verletzung und des verpatzten Anfangs am Ende über Bronze freuen.

Jannis, am Ende eines turbulenten Wochenendes steht ein dritter Platz und vier neue Bestleistungen zu Buche. Schaust du mit einem lachendem oder weinenden Auge auf die Deutschen Meisterschaften zurück?
Turbulent trifft es sehr sehr gut (lacht). Letztendlich war es für mich aber trotz der vier Bestleistungen, oder auch zusätzlich deswegen, eine herbe Enttäuschung. Es hat mir gezeigt, was ich kann und es ärgert mich, dass nicht in einer Punktzahl widergespiegelt zu bekommen. Ich bin gleichzeitig aber auch davon überzeugt, dass ich durch diese Niederlage noch viel für die Zukunft mitnehmen werde. Zwar heitert mich das jetzt nicht auf, aber langfristig können solche Niederlagen auch helfen, noch größere Erfolge zu feiern.

Große Erfolge konntest du besonders am ersten Tag bereits erleben. Hast du mit einer solchen Leistungsexplosion gerechnet?
Ja, habe ich absolut. Die Leistungen haben sich im Training bereits abgezeichnet. Natürlich ist es im Wettkampf nochmal etwas anderes, die Trainingsleistungen auch umzusetzen, aber das hat ja ganz gut geklappt. Der erste Tag war generell für mich etwas ganz besonderes, da es mir gezeigt hat, dass ich auch ganz vorne angreifen kann und besonders in Zukunft mit mir zu rechnen ist.

Wie geht man nach einem solch euphorischen ersten Tag in die abschließenden fünf Disziplinen?
Müde (lacht). Ich hatte nicht so gut geschlafen, habe aber trotzdem schnell gemerkt, dass ich fit und bereit bin auch in den kommenden Aufgaben alles geben zu können. Dementsprechend euphorisch war ich vor dem Hürdenlauf. Das Einlaufen hat sich auch sehr gut angefühlt und das Selbstvertrauen vom Vortag hat einen dann zusätzlich gepusht.

Der Hürdenlauf war dein erster Dämpfer an einem sonst perfekten Wochenende. Wie bist du damit umgegangen?
Zunächst einmal habe ich mich darum gekümmert, die körperlichen Blessuren, die ich von den Hürden mitgenommen habe, schnellstmöglich zu verarzten. Ansonsten habe ich versucht mich nicht davon beeinflussen zu lassen und gedanklich wieder die in die Euphorie und positive Grundeinstellung des ersten Tages zurückzufinden. Ich muss aber gestehen, dass mich der Hürdenlauf wohl doch länger beschäftigt hat, als ich es in diesem Moment wahrhaben wollte. Ich habe bisher selten Situationen erlebt, in denen ich ähnliche Rückschläge hinnehmen musste und muss für die Zukunft lernen besser damit umzugehen. Dementsprechend hat mir die Konzentration und der Fokus im Diskuswurf gefehlt.

Nach dem Diskuswerfen war der Traum von deinem ersten 8000er-Zehnkampf endgültig geplatzt und du hast deinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Was ist da in dir vorgegangen?
Ich denke eigentlich, dass ein jeder Athlet darauf gepolt ist seine Emotionen bestens im Griff zu behalten. Insbesondere die negativen, da man ja auch keine Schwäche zeigen und sich selbst nicht runterziehen möchte. In dem Moment nach dem Diskus habe ich diese Kontrolle, die ich sonst immer habe, allerdings verloren. Es hat mich einfach unglaublich enttäuscht, dass volle Potential nicht ausgeschöpft zu haben, sodass die ganze Vorbereitung für einen kurzen Moment nichtig erschien. Es war für mich bis jetzt auch definitiv der schmerzhafteste Moment meiner Karriere.

Trotz dessen und mit den Schmerzen, die du vom Hürdenlauf hattest, hast du dich entschieden weiterzumachen. Unterstreicht das deine Mentalität?
Absolut. Ich habe schon immer zu Athleten aufgeschaut, die nach großen Rückschlägen weitergemacht und niemals aufgegeben haben. Natürlich wünscht man sich in einer solchen Situation zunächst im Boden zu versinken, aber ich glaube, es ist ganz wichtig, gerade in solchen Momenten Stärke zu zeigen und weiterzumachen. Wenn man einmal aufgibt, wird es in einer anderen Situation leichter fallen dies erneut zu tun. Von daher war es mir wichtig, gar nicht erst den Anstoß zu einer Gewohnheit zu geben und den Zehnkampf so erfolgreich wie möglich zu beenden. Außerdem konnte ich viel Kraft aus der Unterstützung durch Freunde, Familie und der meines Trainers ziehen, um die Deutschen Meisterschaften würdig abzuschließen.

Die Deutschen Meisterschaften waren nun das Ende deiner ersten Saison als Adlerträger. Wie schaust du auf die Saison im Eintracht Dress zurück?
Die Saison ist natürlich rückblickend betrachtet trotzdem ein toller Erfolg. Ich konnte meine Bestleistung um knapp 200 Punkte steigern und das trotz der Corona-Infektion im Frühjahr. Das zeigt einfach, dass der Schritt nach Frankfurt genau der Richtige war. Ich habe mit Jürgen Sammert den perfekten Trainer an meiner Seite, dem ich blind vertrauen kann und darüber hinaus das perfekte Umfeld, um sportlich weiter zu wachsen.